Samstag, 7. März | 13:45

Wohnbau „Florasdorf am Anger”


Ein geschwungenes, ca. 150 Meter langes Gebäude bildet den südöstlichen, lärmabschirmenden Abschluss einer neuen Nachbarschaft aus etwa 600 geförderten Wohnungen mit zusätzlichen sozialen und kommerziellen Angeboten.

Der performative Brise-soleil verpasst dem Gebäude eine subversive, parametrisch durchgebildete Deckschicht, die überraschende Dialoge zwischen Wohnen und Autobahn entstehen lässt. Er ist eine prototypische Erfindung, welcher defensive Lärmschutzmaßnahmen in einen offensiven Entwurf mit räumlicher Vielfalt und einem Überschuss an Freiraum umwandelt: Auf den unteren Ebenen schirmt eine komplexe Konfiguration von Patios, Balkonen und Loggien vor dem Schall ab und bietet zugleich eine zweite Wohnlandschaft im Freien, weitaus großzügiger als es unter normalen Umständen denkbar wäre. In den oberen Geschoßen finden sich offene Laubengänge, auskragende Lagerboxen und Brücken, die gleichzeitig Zugang und Loggia sind. Öffenbare Glaspaneele geben den Blick über die Dächer frei. Dazwischen, im 5. Obergeschoß, liegt der große „Anger”, das zentrale Gemeinschaftsdeck.

Die Schichtung der Freiräume korrespondiert mit der komplexen vertikalen Organisationsstruktur. Übereinandergestapelt sind unterschiedliche Wohnungstypen: Cluster-Wohnungen, Wohnheime, Familien-Maisonetten und kompakte Einraumwohnungen. Nach außen bildet die gekurvte Textur offener und geschlossener Flächen diese innere Komplexität ab, während die alternierend rau und glatt ausgebildeten Sichtbetonflächen dem Gebäude zusätzlich Tiefe verleihen. Das mineralische „Gesicht” des Brise-soleil wird mit der Zeit von einer grünen Freiraumschicht überzogen werden und sich der Idee des „Biotops des Alltags” annähern.
L.S. | B.V.

Lina Streeruwitz, geb. 1977 in Wien. Studium an der Akademie der bildenden Künste Wien und der Universidad de Buenos Aires, Argentinien. Lehrtätigkeiten an der Universität Stuttgart, der TU Wien und der Akademie der bildenden Künste Wien. Seit 2017 Geschäftsführerin bei StudioVlayStreeruwitz in Wien und Graz.

Bernd Vlay, geb. 1964 in Graz. Studium an der TU Graz und an der Columbia University, New York. Lehrtätigkeiten an der Cornell University New York, der Akademie der bildenden Künste Wien und der TU Wien. Präsident von Europan Österreich, Wissenschaftlicher Beirat von Europan Europa. Seit 2009 Geschäftsführer bei StudioVlayStreeruwitz in Wien und Graz.