MARGIT ULAMA. Ausgelöst durch den Angriffskrieg auf die Ukraine erfährt die gesamte Welt heute vehemente Veränderungen. Vieles, was lange Zeit als selbstverständlich galt, ist plötzlich nicht mehr selbstverständlich. Die wichtigsten Folgen der geopolitischen Ereignisse sind unterbrochene Lieferketten, Energieengpässe, hohe Inflation; zudem gibt es den Klimawandel als konstante große Herausforderung. In den letzten Monaten gerieten also zentrale gesellschaftliche Strukturen ins Wanken, und so wird der Welt ein Umdenken aufgezwungen. Es bleibt keine andere Wahl als viele Lebensbereiche neu zu denken und zu ordnen. Als Konsequenz dessen gibt es seit rund einem Jahr ein neues Schlagwort für den Status quo der Gesellschaft: „Zeitenwende”.
Die Zeit fordert eine „Wende des Denkens” ein. In diesem Sinn bezeichnet der Begriff „Zeitenwende” ein aktives Moment der Gestaltung. Denn nur durch bewusstes, kreatives Handeln können die gegenwärtigen multiplen Krisen gelöst werden. In der Folge stellen sich die Fragen: Was bedeutet dies für die Architektur? Was sind die Konstanten, welches die neuen Faktoren für eine baukulturelle Entwicklung an der Zeitenwende? Das Programm von TURN ON 2023 versammelt dazu vielfältige Perspektiven und Meinungen und versteht sich als Pool von Anregungen. Die zahlreichen Vorträge folgen dabei dem bekannten Ablauf, und die zwei Programmschienen setzen wie bisher einen jeweils anderen inhaltlichen Fokus.

Margit Ulama, Festivalleiterin



TURN ON PARTNER


Aus den unterschiedlichen Perspektiven von Wirtschaft und Architektur präsentieren die Vorträge dieser Programmschiene anspruchsvolle Themen und neue Wege, die im Rahmen des komplexen Bauprozesses der Gegenwart entscheidend sind. Es werden grundlegende Fragen des Bauens erörtert und innovative Antworten präsentiert. Konstruktion und Materialität, Regenwasser-Management und Fassaden-Begrünung, aber auch alternative Energiesysteme sowie das Recycling von Material für den Innenausbau stehen im Fokus dieser Vorträge. Zur Diskussion stehen weiters die Bauaufgabe Wohnbau und die Infrastruktur für Verkehr und Gewerbe. Die Gestaltung mit Licht, ein klassisches Thema, das beständige technologische Innovation erfährt, rundet den thematischen Bogen ab.

TURN ON


Was bedeutet „Zeitenwende” für die Entwurfsstrategien von Architekt:innen? Welche Perspektiven ergeben sich in unserer Zeit des Umbruchs? Der Wohnbau eröffnet traditionellerweise den langen Reigen und zeigt sich so divers wie kaum zuvor. Die Typologie des Wohnens wird räumlich, ästhetisch und inhaltlich auf völlig neue Weise und höchst konträr interpretiert – von Wien ausstrahlend bis nach Spanien und Europa insgesamt. Im zweiten Teil der Vorträge spielt das Weiter- bzw. Umbauen einer vorhandenen Baustruktur eine zentrale Rolle. Der Kontext ist auch hier weit gespannt und reicht von Südtirol und Vorarlberg bis zu prominenten Bauwerken in Wien. Wie können neue Ökosysteme in Einklang mit zeitgemäßen Freizeitlandschaften gebracht werden? Dazu werden aktuelle Beispiele in China präsentiert. Den Abschluss des Tages bilden ausgewählte Vorträge von TURN ON STUDIO, die die „Wende des Denkens” im Rahmen von Entwurfsarbeiten von Studierenden reflektieren.