Vorträge nonstop. ORF RadioKulturhaus Wien. Samstag, 12. März 2011. 13.00 bis 22.00 Uhr.
"Turn On Partner". TU Wien | Kuppelsaal. Freitag, 11. März 2011. 13.00 bis 19.00 Uhr.
Haus K. in Tramin | Dachwohnungen
 
Ein alter gemauerter Stadel aus dem Jahre 1908 mit kleinem Zubau direkt an der Weinstraße in Tramin sollte zu einem Wohnhaus umgebaut werden. Die Bauvorschriften an der Weinstraße fordern, bestehende Höhen, Breiten und Abstände beizubehalten. Aber auch die überzeugende Form des Stadels war bindend für den Wiederaufbau der alten Substanz.

Der Stadel stand in engem Zusammenspiel mit den Nachbarhäusern und dockte an das angrenzende Gebäude mit seinem Zubau an. Die erste Maßnahme war, das neue Wohnhaus vom alten Gefüge zu trennen und den Zwischenbaukörper Richtung Weinberge zu drehen, um damit neuen, offenen Lebensraum zu schaffen. Nun gibt es zwei Seiten, mit denen das Wohnhaus einerseits gegen die Straße und andererseits zum Elternhaus hin grenzt. Da nicht viel Raum zwischen diesen Häusern besteht und die Weinstraße sehr stark befahren ist, sollen diese "harten Schalen", die sich schräg gegenüberstehen, Zusammenhalt geben. Sie trennen den neuen Baukörper von den angrenzenden Gebäuden und der Straße – bieten dem Bewohner aber auch die Möglichkeit, sich ungestört in der offenen Mitte zu bewegen.

Nach innen zum Hof und zu den Weinbergen hin öffnet sich der Körper, und das Gefühl des bunkerartigen Gebildes ist von innen nicht mehr spürbar. Erschlossen wird das neue Gebäude von der Seite der Weinberge aus – diese neue "Ebene", fast zur Gänze unter der Erde, schafft Platz für notwendige Räume ohne große Ansprüche. Die Straßenebene wird zur "Schlafebene": mit zwei Kinderzimmern Richtung geschützter Hof (dem "vergrößerten offenen Spielzimmer"), dem großen Badezimmer, das vom Elternzimmer trennt, welches Richtung Weinreben gerichtet ist, um auch untertags Ruhe zu gewähren. Ganz oben dann das Wohnen mit großer Wohnterrasse, ausgerichtet Richtung Süd-Westen, wo die Sonne den ganzen Tag über genossen werden kann.

Die "harten Schalen" nach außen in Sichtbeton, die einzige mir dafür richtig erscheinende Materialisierung, nach innen dann der offene Leichtbau – diese zwei konträren Elemente bilden das neue Wohnhaus. Sie schaffen Raum, der in seiner Unterschiedlichkeit perfekt bespielt werden kann, und bieten an diesem einzigartigen Platz mit dem Nachteil von Straße und Enge die absolute Freiheit und Abgrenzung.

Dachwohnungen
Auf einem Innsbrucker Stadthaus aus den 50er Jahren in bester Innenstadtlage sollte ein Dachgeschossausbau mit zwei Wohnungen realisiert werden. Die baurechtlichen Bedingungen sind in dieser Lage recht eng gefasst; das Profil des Daches war durch den Bestand weitestgehend vorgegeben, zudem durfte kein weiteres Vollgeschoss entstehen.

Die Neuinterpretation des Satteldaches als plastische Form erlaubt ein Spiel von "Nehmen und Geben", wo Terrassenausschnitte und Gaupen erzeugt werden. Diese Modellierung ist in Beton sehr gut möglich; darüber hinaus ist es eine platzsparende und effiziente Konstruktionsweise, gleichzeitig wasserdicht und tragfähig.

Was nach außen eine sehr einfache, reduzierte Form bildet, birgt im Inneren eine komplexe Raumabfolge von sehr hohen und großzügigen bis zu niedrigen, knapp bemessenen Räumen. Schlafzimmer und Nebenräume sind kompakt unter die Hülle geschichtet, die Wohn- und Aufenthaltsbereiche hingegen zeigen die gesamte Höhe und wachsen mit den Dachterrassen und dem Außenraum zusammen. Sie lassen die attraktive Nord-Süd-Achse des Dachaufbaues erleben.
S.B.

Silvia Boday, geb. 1975 in Meran. Architekturstudium an der Universität Innsbruck. Seit 2003 eigenes Atelier. 2009 Lehrbeauftragte am Institut für Gestaltung an der Universität Innsbruck. 2009–2010 Lehrbeauftragte am Institut für Hochbau an der Universität Innsbruck. 2009–2010 Lehrbeauftragte am Institut für Hochbau 2 der Technischen Universität Wien.

Realisierte Projekte (Auswahl): Weinkeller Manincor in Kaltern mit W. Angonese und R. Köberl (2004), Haus K. an der Weinstraße in Tramin (2005), Dreifamilienhaus Dubis in Meran (2007) mit R. Köberl, Dachwohnungen in Innsbruck (2010).

Auszeichnungen (Auswahl): Piran Award, Nominierung (2004), Internationaler Architekturpreis Neues Bauen in den Alpen, Auszeichnung (2006), Südtiroler Kunst- und Architekturpreis, 1. Preis (2009).

Ausstellungen: Neue Architektur in Südtirol 2000–2006 (2006).


Weiterführende Links:
www.silviaboday.com
Projektliste in der nextroom architektur datenbank

   
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