Vorträge nonstop. ORF RadioKulturhaus Wien. Samstag, 8. März 2008. 13.00 bis 22.00 Uhr.
"Turn On Partner"    Freitag, 7. März 2008. 13.30 bis 18.00 Uhr.
Stationen Nordkettenbahn
 
Nach einer umfangreichen Vorbereitungsphase entschied sich die Stadt Innsbruck, die "Nordkettenbahnen Neu" in zwei getrennten Abschnitten zu realisieren.

Die Planung der "Hungerburgbahn" als öffentliches Personennahverkehrsmittel zwischen der Stadt und dem Mittelgebirge wurde dem Büro Zaha Hadid übertragen, welches vier Stationsbauten erfindet, deren amorphe Gebäudeumrisse – unter dem Motto "Schale und Schatten" – ein Spannungsfeld zur geometrischen Stadt-Topographie aufbaut.

Bei der eigentlichen "Nordkettenbahn" erforderte die längst anstehende Erneuerung der Seilbahntechnik die Anpassung der denkmalgeschützten Stationsbauten Hungerburg, Seegrube und Hafelekar, erbaut 1927-1928 nach Plänen des Architekten Franz Baumann – neben Lois Welzenbacher, Clemens Holzmeister und Siegfried Mazagg einer der erfolgreichsten, international wahrgenommenen Architekten Tirols dieser Jahre. Die zu den wichtigsten Zeugnissen der Moderne in Tirol zählenden Bauwerke verweisen auf einen das Landschaftsbild abstrakt interpretierenden Formfindungsprozess, ganz im Unterschied zur Entwurfshaltung von Zaha Hadid im Stadtkontext. Erstaunlich, dass Franz Baumann – anders als die drei zuvor genannten Architekten – keine Hochschulausbildung absolviert hat, sondern über eine Maurerlehre seinen Zugang zur Architektur gefunden hat.

Mit der Planung wurde unser Büro unter Beiziehung des Denkmalschutz-Beauftragten Werner Jud durch das Generalplanerbüro Georg Malojer beauftragt. Die hohe Fahrgastkapazität zog eine Reihe funktionell bedingter baulicher Änderungen nach sich. Wesentliche Ergänzungen gegenüber dem Bestand wurden in Form und Material von der alten Bausubstanz unterschieden, jedoch als komplementäre Bauteile des Gesamtgefüges aufgefasst. Über die Jahrzehnte hinzugekommene Zu- und Umbauten wurden wieder entfernt, der alte Zustand wurde in wesentlichen Teilen konsequent wiederhergestellt.

Talstation Hungerburg
Die Erhöhung der Seilbahn-Kabinenkapazität auf 95 Personen bedingte die Vergrößerung der Wartehalle um die nordseitig gelegenen Nebenräume. Deren Wandflächen aus dunklen Stahlplatten setzen sich von der alten Halle klar ab, wodurch die alte Hallendimension und das Erscheinungsbild weiter erfahrbar bleiben. Später hinzugekommene Fensteröffnungen wurden wieder verschlossen.
Die ursprünglich in der Halle situierte Kassa wurde auf den Vorplatz in eine solitäre Kassabox verlegt, deren Fassadenhaut aus Stahl auf die Wartehalle verweist. Der Fahrgast löst sein Ticket vor Eintritt in die Station.

Station Seegrube
Hier kam es zu den aufwendigsten Veränderungen der Bausubstanz, und zwar zur Erweiterung der Wartehalle durch einen Zubau im Südosten und zur Vergrößerung der Küche entlang der Nordfront. Beide Zubauten wurden als Sichtbeton-Kuben ausgeführt. Die Wartehalle öffnet sich über ein Panoramafenster nach Süden, das Fensterband des Küchenzubaus wird im Winter mittels drehbaren Stahlklappen als Schutz vor Lawinen geschlossen. An der Schnittstelle vom Bestand zum Neubau der Wartehalle öffnet sich der Raum bis unter die Dachkonstruktion und schafft viel "Luft" für die bis zu 450 Wartenden.

Eine Vergrößerung der Seilbahn-Einfahrtsöffnungen, das erhöhte Lastaufkommen in den Kabinen- und Technikräumen sowie höhere Normen-Anforderungen forderten das Können der Ingenieure heraus. Wesentlicher Part der restaurativen Planung war die Rückführung der Restauranträume im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss auf ihre ursprüngliche, einzigartige atmosphärische Qualität durch Entfernung nachträglicher Um- und Einbauten. Die neue Küche wurde mittels eines Sichtbeton-Zubaus Richtung Norden erweitert, der die Funktion des Lawinenschutzes erfüllt und sich als "liegender Fels" in die Umgebung integriert.

Bergstation Hafelekar
Durch die Entfernung sämtlicher nachträglicher Zubauten wurde die ursprüngliche Gebäudeform wiederhergestellt. Dies ist umso bedeutender, als die Station Hafelekar nach wie vor zu jenen Bauten der Moderne zählt, die exemplarisch auf die Frage nach der Bauform im hochalpinen Raum antwortet. Das Gebäude vermittelt den Eindruck einer Einheit von Berg und Artefakt.
H.Sch./D.S.

Hanno Schlögl, geb. 1944 in Hall in Tirol. Architekturstudium an der Akademie der Bildenden Künste in Wien. 1973 Bürogründung in Innsbruck. Lehraufträge für Architektur und Umweltgestaltung am Mozarteum Salzburg und für Entwerfen an der TU Innsbruck. 1992-1995 Mitglied des Fachbeirates für architektonische und städtebauliche Fragen in Feldkirch.
Daniel Süß, geb. 1965 in Hall in Tirol. Architekturstudium an der TU Innsbruck. 1996-2003 Mitarbeit im Büro Hanno Schlögl.
Seit 2003 ZT Gesellschaft mit Daniel Süß.

Auszeichnungen / Hanno Schlögl: Preis der Zentralvereinigung der Architekten Österreichs (1986, 1999), Auszeichnung des Landes Tirol für Neues Bauen (1998).
Auszeichnungen / Schlögl & Süß: BTV Bauherrenpreis für Tirol (2007) .

Realisierte Projekte / Hanno Schlögl (Auswahl): Tiroler Fachberufsschule für Bautechnik und Malerei in Absam (1998), Ausbau und Erweiterung der Galerie im Taxispalais in Innsbruck (1999), Volksbank Wels (2002), Haus P. in Innsbruck (2001).
Realisierte Projekte / Schlögl & Süß: Medienturm Saline Hall in Tirol (2004), Haus T. in Sistrans (2005), GE Jenbacher Halle 2 (2006), Integrierte Landesleitstelle Tirol in Innsbruck, gemeinsam mit Johann Obermoser (2007).


Weiterführende Links:
www.schloegl-suess.at
Projektliste in der nextroom architektur datenbank

   
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