Vorträge nonstop im RadioKulturhaus Wien. Samstag, 20. März 2004. 12.30 bis 22.00 Uhr.
Bezirkshauptmannschaft
Konstruierte Landschaft

archiguards
Martin Scharfetter
Delugan_Meissl
Geiswinkler & Geiswinkler
Patricia Zacek
Nasrine Seraji
fasch&fuchs.
Tschapeller/Schöffauer
Leeb Condak Grundmann
Riepl Riepl Architekten
Eichinger oder Knechtl
Markus Pernthaler
Steinmayr & Mascher
Riegler Riewe
Klaus Kada


 
Mit dem neuen Amtsgebäude an der Mur entstand ein ungewöhnliches, auffälliges, auch provokantes Gebäude, das sich von herkömmlichen architektonischen Vorstellungen weit entfernt hat. Knapp neben der Bundesstraße und unmittelbar am Fluss gelegen programmierten die Architekten ihr Projekt als "override" an einer schwierig zu bebauenden Stelle nahe beim Ortszentrum. Das Gelände ist knapp bemessen, gewissermaßen eingezwängt zwischen Straße und Fluss, und fällt steil ab.

Vielleicht nahmen die Architekten diese Extremsituation zum Anlass, um - wieder einmal - die Polarität oder auch den Dialog von Architektur und Landschaft zum Thema ihres Entwurfes zu machen - auch wenn der Uferrücken aus künstlichen Aufschüttungen bestand, in denen man sogar Kühlschränke und Autoteile fand. Die Landschaft, die hier bebaut wurde, ist genau genommen konstruiert: der künstliche Uferrücken sowie zwei Brücken, die eine aus Beton, die andere für Fußgänger aus Holz. Holzsteg, Deponie und Betonbrücke wurden als "bebaubare Konstruktionen" verstanden.

Die Bezirkshauptmannschaft setzt sich aus Baukörpern unterschiedlichster Form und Farbe zusammen, die zumeist ganz verglast sind. Während an der Straße ein annähernd geschlossener, großer Körper steht, löst sich der Bau zur Mur hin immer stärker auf, und einige kleinere Teile scheinen im steilen Hang wie zufällig verteilt. Die Architekten wollten die "Landschaft dekonstruieren" oder "umschichten", und die Polarität zwischen Landschaft und Gebäude ist eigentlich aufgehoben.

Im erwähnten großen Baukörper liegt ein hoher, weiter Luftraum zwischen dem abgesicherten steilen Erdreich an der Straßenseite und den Räumen an der Murseite. Hier im Inneren wird die steile Erdformation künstlich nachgebildet. Die Räume werden mittels offener Treppen und Gänge erschlossen, über die man sich - ähnlich wie in der Natur - in luftige Höhen schwingen kann.

Die Realisierung eines experimentellen Entwurfes dieser Art ist eine Besonderheit, und sie sorgte zugleich für heftige Diskussionen. Indem die kleineren Volumen flussseitig den Mursteg der Schweizer Architekten Marcel Meili und Markus Peter eng umfassen, prallen an dieser Stelle gegensätzliche Haltungen aufeinander.
M.U.

Wolfgang Tschapeller, geb. in Osttirol. Tischlerlehre, Gesellenprüfung, Architekturstudium an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien und der Cornell University Ithaca, USA. Ab 1993 eigenes Büro in Wien. Lehrtätigkeit u.a. an der Cornell University Ithaca und an der Kunstuniversität in Linz. Zahlreiche Ausstellungsbeteiligungen im In- und Ausland.

Friedrich W. Schöffauer, geb. in Klagenfurt. Architekturstudium an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien. Seit 1981 eigenes Büro in Wien. 2004 wird ein Wohnhaus in Tattendorf fertiggestellt.

Die Bezirkshauptmannschaft in Murau wurde mit dem Architekturpreis des Landes Steiermark 2002, dem Architekturpreis der Österreichischen Beton- und Zementindustrie 2003 und dem Bauherrenpreis der ZV der Architekten Österreichs 2003 ausgezeichnet.


Weiterführende Links:
proj@tschapeller.vienna.at
arch.schoeffauer@aon.at
Projektliste der Architekten in der nextroom architektur datenbank

   
top